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Freie Musik
Der folgende Artikel soll das Konzept der „freien Musik“ (im Sinne von „free cultural works“) erklären. Ziel des Artikels ist, das Konzept bekannter zu machen und Missverständnisse zu beseitigen. Der Artikel hat keinen Anspruch auf Originalität.
Freie Musik ist die Übertragung des Konzeptes, der rechtlichen Grundlagen und der Produktionsweise freier Software auf den Bereich der Musik.
Freie Software
Da die Idee freier Musik auf der der freien Software (zeitweise auch „Open Source“ genannt) aufbaut, folgt zunächst eine Erklärung, was das ist.
Vier Freiheiten
Nach der Definition der Free Software Foundation ist freie Software solche, bei der jeder Nutzer folgende vier Rechte hat:
0. das Recht, das Programm zu jedem Zweck auszuführen, 1. das Recht, das Programm zu studieren und zu ändern, 2. das Recht, Kopien weiterzuverbreiten, um seinem Nächsten zu helfen und 3. das Recht, seine veränderten Versionen weiterzugeben.
Ursprünglich gab es kein Copyright bzw. Urheberrecht auf Software, und somit war jegliche Software freie Software. Dies änderte sich Anfang der 1980er Jahre durch die Lobbyarbeit von Softwarefirmen wie Microsoft. Das Urheberrecht bzw. Copyright auf Software ermöglicht diesen Firmen, Software künstlich zu verknappen, indem der Nutzer sie nicht weiterkopieren darf, und damit die Nutzer zum Kauf eines Exemplares zu zwingen. Plötzlich war es nicht mehr möglich, einen Computer ohne proprietäre Software zu benutzen. Dies veranlasste Richard Stallman anno 1984, ein Projekt zur Programmierung des freien Betriebssystems „GNU“ zu starten, dessen Variante „GNU/Linux“ heute sehr verbreitet ist. Richard Stallman gründete ferner die bereits erwähnte Free Software Foundation (FSF).
Copyright, Urheberrecht, Leistungsschutzrecht
Zum Verständnis der Rechtslage folgen nun erstmal ein paar Erläuterungen zu Copyright, Urheberrecht und Leistungsschutzrecht. Diese drei Begriffe sind nahezu synonym, denn die Rechtsformen dahinter unterscheiden sich nur in Details. Copyright ist das amerikanische Equivalent zum europäischen Urheber- und Leistungsschutzrecht. Letztere beide unterscheiden sich neben Details wie abweichenden Schutzfristen vor allem in der Intention. Das Urheberrecht soll offiziell den Urheber in seinen künstlerischen Interessen am Werk schützen, beim Leistungsschutzrecht geht es ausschließlich um Investitionsschutz. Auch beim amerikanischen Copyright geht es ausschließlich um Investitionsschutz.
Nach dem deutschen Urheberrecht (§ 15) hat der Urheber das ausschließliche Recht, sein Werk in körperlicher Form zu verwerten, d.h. zu vervielfältigen, zu verbreiten und (im Falle von Bildern und Skulpturen) auszustellen, ferner das ausschließliche Recht, sein Werk in unkörperlicher Form öffentlich wiederzugeben, d.h. vorzutragen, aufzuführen, vorzuführen, öffentlich zugänglich zu machen (d.h. zu streamen), im Rundfunk zu senden, das Werk von Bild- oder Tonträgern öffentlich wiederzugeben und Funksendungen und Streams öffentlich wiederzugeben. „Das ausschließliche Recht“ heißt hierbei, dass die restliche Bevölkerung zunächst von diesen Rechten ausgeschlossen ist. Der Urheber kann seine ausschließlichen Rechte übertragen, z.B. an Verlage, Plattenlabels oder Verwertungsgesellschaften. Der Urheber hat dann hinterher diese Rechte nicht mehr und darf seine eigenen Werke dann nicht mehr kopieren, verbreiten, senden usw. Der jeweilige Inhaber der ausschließlichen Nutzungsrechte kann an beliebige Personen einfache, nicht übertragbare Rechte einräumen und verliert dabei keine Rechte.
Diese Funktionsweise ist in allen Rechtssystemen sehr ähnlich.
Rechtliche Implementation freier Software
Public Domain
Die einfachste Methode, ein Programm freizugeben, ist die, als Autor auf das Urheberrecht zu verzichten. Dies ist nicht in jeder Rechtsprechung vorgesehen; dennoch werden Gerichte derartige Erklärungen soweit berücksichtigen, wie es der rechtliche Rahmen zulässt.
Nachteilig bei dieser Methode ist, dass aufgrund der Rechtslage eine bearbeitete Version automatisch erstmal unfrei ist. Es hängt vom guten Willen des Bearbeiters ab, ob er seine Version ebenfalls freigibt oder nicht.
Public License
Eine weitere Methode, ein Programm freizugeben, ist die, als Autor die ausschließlichen Rechte zu behalten (Erklärung siehe oben), aber jedermann einfache Rechte einzuräumen. Dies erfolgt in der Form eines Vertagsangebotes, einer Public License, die sich an jedermann richtet. Dieser Lizenzvertrag wird individuell mit den einzelnen Nutzern geschlossen; die Nutzer stimmen den Bedingungen zu durch konkludentes Handeln.
„Lizenz“ ist ein anderes Wort für „Erlaubnis“. Der Rechteinhaber erlaubt dem Nutzer, das Werk auf die zustimmungspflichtigen Nutzungsarten zu nutzen.
BSD-artige Lizenzen
Die Lizenz der Berkeley Unix Distribution (BSD) – neben GNU ein weiteres freies Betriebssystem – verwendet eine Public License, die als Bedingung enthält, den ursprünglichen Copyrightvermerk intakt zu lassen. Dies gilt ebenso für weitere Software unter ähnlichen Lizenzen. Hierdurch wird eine gewisse Namensnennung gesichert.
Der oben erwähnte Nachteil, dass aufgrund der Rechtslage eine bearbeitete Version automatisch erstmal unfrei ist, schlägt auch hier zu.
Copyleft
Die Lizenz des GNU-Projektes, die „GNU General Public License“ (GPL) ist von vornherein so formuliert, dass sie für verschiedene Programme von verschiedenen Rechteinhabern verwendet werden kann, ohne irgendwelche Namen austauschen zu müssen.
Sie enthält eine sogenannte „Copyleft-Klausel“, die vom Nutzer verlangt, abgewandelte Versionen ausschließlich unter der selben Lizenz weiterzuverbreiten. Dies kann zwar nichts an der Rechtslage ändern, dass die bearbeitete Version automatisch erstmal unfrei ist. Der Bearbeiter kann seine Bearbeitung aber nicht kopieren und verbreiten, so lange er sie nicht frei lizensiert. Verbreitet er sie dennoch, tut er dies ohne Zustimmung des ursprünglichen Autors und begeht damit eine Urheberrechtsverletzung, die genau so hart bestraft werden kann wie bei proprietärer Software.
Die GPL verlangt ferner die Weitergabe des Sourcecodes, d.h. der Programmversion in für Menschen lesbarer Form, damit zukünftige Nutzer das Recht behalten, das Programm zu studieren und Änderungen vorzunehmen. Eine in Maschinensprache übersetzte Fassung darf nicht für sich alleine verbreitet werden.
Arbeitsweise der Programmierer
Neben der rechtlichen Seite ist auch die soziale Seite freier Software interessant.
Es gibt bei den Programmierern verschiedene Motive für die Arbeit an freier Software:
1. Einige Programmierer schreiben freie Software aus Überzeugung heraus, z.B. Richard Stallman, der Gründer des GNU-Projekts.
2. Für andere Programmierer stehen persönliche Motive im Vordergrund. Sie schreiben freie Software, weil es ihnen Spaß bringt, z.B. Linus Torvalds, der Initiator und Maintainer des Linux-Projekts, oder um ein eigenes Problem zu lösen, jedoch sich mitzuteilen und mit anderen auszutauschen. Auch der Ruhm ist für manche Programmierer der Antrieb.
3. Eine weitere Gruppe schreibt freie Software, um damit Geld zu verdienen, z.B. durch Anpassungen der Software nach Kundenwunsch.
Obgleich viele Programmierer freiwillig unbezahlt an freier Software arbeiten, haben einige Programme eine Qualität und Stabilität erreicht, die proprietäre Software in den Schatten stellt, so z.B. das GNU/Linux-System oder der Apache-Webserver.
Das Linux-Projekt hat gezeigt, dass es möglich ist, dass viele hundert Programmierer, die jeweils ihre eigenen Vorstellungen einbringen, qualitativ hochwertige Software erzeugen. Vorher ging man in der Informatik davon aus, dass komplexe Software nur in kleinen, straff geführten Teams entstehen könne.
Freie Projekte sind gezwungen, die Wünsche und Ideen potentieller Helfer zu berücksichtigen, da jeder die Möglichkeit hat, das Projekt zu forken, d.h. ausgehend vom aktuellen Stand ein eigenes Projekt zu starten. Dies zieht Aufmerksamkeit und Helfer vom ursprünglichen Projekt ab und ist daher aus dessen Sicht nicht erstrebenswert. Hierdurch wird insbesondere in kleinen Projekten die Macht der Projektleitung begrenzt.
Die Selbstentfaltung des einen Programmierers bedingt und ermöglicht die des anderen.
Übertragung auf andere Bereiche
Da das Urheberrecht auch in anderen Bereichen nicht anders funktioniert als bei Software, ist es naheliegend, die rechtlichen und sozialen Aspekte freier Software auf andere Bereiche zu übertragen. Auch in den anderen Bereichen geht es beim Urheberrecht darum, geistige Güter künstlich zu verknappen. Der Nutzer darf sie nicht kopieren, verbreiten oder in der Öffentlichkeit nutzen und ist daher gezwungen, Geld für die vom Rechteinhaber authorisierten Exemplare bzw. Veranstaltungen auszugeben. Dies wäre bei freien Werken anders.
Mögliche Übertragungsgebiete sind u.a.
- freie Literatur (technisch und schöngeistig),
- freie Musiknoten, Songtexte und Musikaufnahmen,
- freie Drehbücher und Filme,
- freie Fotos,
- freie Gemälde und Skulpturen,
- freie Hardware (d.h. mit freiem Bauplan),
- freie Bauwerke (die nachgebaut und abgewandelt werden dürfen),
- freie Tanzchoreographien,
- freie Theaterstücke
usw.
Zu den Erfolgsprojekten zählt hier Wikipedia, die freie Enzyklopädie, die aufgrund ihres Umfangs und ihrer kostenlosen Verfügbarkeit ihre proprietären Vorbilder Brockhaus und Encyclopædia Britannica längst aus dem Rennen geworfen hat. Durch Wikipedia hat nun die breite Bevölkerung Zugang zu einer Enzyklopädie, was vorher Klein- und Großbürgern vorbehalten war.
Das Wikipedia-Projekt hat auch im Hinblick auf die Arbeitsweise interessante Neuerungen gebracht: Die verwendete Wiki-Software, bei der es sich natürlich um freie Software handelt, ermöglicht besonders niedrigschwellig die Teilnahme am Projekt. Dabei hat sich gezeigt, dass die meisten Teilnehmer zu konstruktiven Beiträgen gewillt sind und Vandalismus leichter rückgängig zu machen als anzurichten ist. Durch das NPOV-Prinzip (NPOV = „neutraler Standpunkt“) werden Konflikte eingedämmt: Der Artikel stellt verschiedene Sichtweisen gegenüber, nimmt aber selbst keine davon ein. In vielen Bereichen gibt es demokratische Ansätze (z.B. Admin-Wahlen oder Umfragen zu Herangehensweisen).
Ein weiterer Erfolg ist OpenStreetmap, ein Kartendienst ähnlich Google Maps, bei dem die Karte im Wiki-Prinzip entsteht und daher stellenweise viel detaillierter ist. Da es sich um freies Kartenmaterial handelt, kann man es auch herunterladen, um es z.B. in ein Navigationssystem einzuspielen.
Unterstützung des Konzepts
Die Free Software Foundation hat sich für die Umsetzung dieser Übertragungsarten nicht eingesetzt. Während sie auf dem Standpunkt steht, dass Computerprogramme, Bedienungsanleitungen und Lehrbücher aus moralischen Gründen grundsätzlich frei sein sollten, hält sie sich in anderen Bereichen zurück und stellt lediglich Minimalforderungen, etwa dass veröffentlichte Musik für den nicht-kommerziellen Gebrauch kopiert werden dürfen sollte.
Free Cultural Works
In der Vergangenheit gab es Verwirrung darüber, was außerhalb von Software unter dem Begriff „frei“ zu verstehen sei, da sich die FSF hierzu nicht klar geäußert hat. An dieser Stelle ist das Projekt FreedomDefined.org eingesprungen und hat eine stark an die FSD der FSF angelehnte Definition veröffentlicht. Auch hier sind zentral die vier Freiheiten, das Werk
- zu nutzen,
- das Werk zu studieren,
- es zu kopieren und zu verbreiten und
- Änderungen daran vorzunehmen und geänderte Versionen zu verbreiten.
Der Ausdruck „Free Cultural Works“ soll der Arbeit des Urhebers mehr Wertschätzung entgegenbringen als der zeitweilig gebräuchlich gewesene Ausdruck „Open Content“.
Creative Commons
Das Projekt Creative Commons formuliert Public Licenses, d.h. Lizenzvertragstexte die von anderen Projekten verwendet werden können, ähnlich wie es das GNU-Projekt mit der GPL getan hat.
Hierbei gibt es drei für Free Cultural Works geeignete Varianten:
- Die CC0 ist eine Public Domain Dedication, d.h. eine Willenserklärung, auf das Urheberrecht zu verzichten. Für den Fall, dass ein Gericht diese Erklärung für wirkungslos erachten sollte, ist zusätzlich eine Mini-Lizenz beigefügt, die allen zustimmungspflichtigen Nutzungsarten zustimmt und keine Gegenleistung verlangt. Nachteilig ist dabei, dass veränderte Versionen zunächst automatisch unfrei sind und es vom guten Willen des Bearbeiters abhängt, ob er sie freigibt.
- Die CC-BY ist eine Public License, die die Namensnennung verlangt. Dies kann problematisc sein, wenn viel Ausgangsmaterial von vielen verschiedenen Urhebern verarbeitet wurde. Nachteilig ist auch hier wieder, dass veränderte Versionen zunächst automatisch unfrei sind und es vom guten Willen des Bearbeiters abhängt, ob er sie freigibt.
- Die CC-BY-SA ist das Äquivalent zur GPL. Sie enthält eine Copyleft-Klausel, die die Weitergabe veränderter Versionen nur unter den selben Bedingungen gestattet. Sie verlangt ebenfalls die Namensnennung. Wenn viel Ausgangsmaterial von vielen verschiedenen Urhebern verarbeitet wurde, kann dies ein Problem werden. Die Wikipedia-Texte sind unter der CC-BY-SA lizensiert.
Creative Commons gibt auch Lizenzen für unfreie Werke heraus:
- Die CC-BY-NC, CC-BY-SA-NC und CC-BY-ND-NC sind keine freien Lizenzen, da sie keine kommerzielle Nutzung erlauben.
- Die CC-BY-ND und CC-BY-ND-NC erlauben keine Änderung des Werkes und sind daher keine freien Lizenzen.
Es gibt immer wieder Stimmen, die fordern, Creative Commons solle diese Lizenzen aus dem Programm werfen. Aktueller Stand ist der, dass Creative Commons bei den einzelnen Lizenzen jeweils darauf hinweist, ob sie für Free Cultural Works geeignet ist oder nicht.
Da Creative Commons sehr verschiedene Lizenztexte veröffentlicht, ist eine Bemerkung wie „Dieses Werk steht unter Creative Commons.“ besonders sinnlos.