Von der schönen Bernauerin

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(Agnes Bernauerin †1435)

Mündlich, aus Regensburg.

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Es rei -- ten drei Rei -- ter zu Mün -- chen hin -- aus, } 
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sie rei -- ten wol vor der Ber -- nau -- rin ihr Haus: 
„Ber -- nau -- e -- rin, bist du drin -- nen, ja drin -- nen?“ }
>>

1.

Es reiten drei Reiter zu München hinaus,
sie reiten wol vor der Bernaurin ihr Haus:
„Bernauerin, bist du drinnen, ja drinnen?“

2.

„Bist du darinnen, so tritt du heraus:
der Herzog ist draußen vor ihrem Haus
mit all seinem Hofgesinde, ja Gesinde.“

3.

Sobald die Bernauerin die Stimme vernahm,
ein schneeweißes Hemd zog sie gar bald an,
wol vor den Herzog zu treten, ja treten.

4.

Sobald die Bernauerin vors Thor naus kam,
drei Herren gleich die Bernauerin vernahmn:
„Bernauerin, was willst machen, ja machen?“

5.

„Ei willst du lassen den Herzog entwegn,
oder willst du lassen dein jung frisches Lebn
ertrinken im Donauwasser, ja Wasser?“

6.

„‚Und als ich will lassen mein Herzog entwegn,
so will ich lassen mein jung frisches Lebn
ertrinken im Donauwasser, ja Wasser.‘“

7.

„‚Der Herzog ist mein, und ich bin sein,
der Herzog ist mein, und ich bin sein:
sind wir gar treu versprochen, ja versprochen.‘“ –

8.

Bernauerin wol auf dem Wasser schwamm;
Maria Mutter Gottes hat sie gerufet an,
sollt ihr aus dieser Noth helfen, ja helfen!

9.

„‚Hilf mir, Maria, aus dem Wasser heraus,
mein Herzog läßt dir bauen ein neus Gotteshaus,
von Marmelstein ein Altar, ja Altar!‘“

10.

Sobald sie dieses hat gesprochen aus,
Maria Mutter Gottes hat geholfen aus
und von dem Tod sie errettet, ja errettet.

11.

Sobald die Bernaurin auf die Brücken kam,
ein Henkersknecht zur Bernaurin kam:
„„Bernauerin, was willst machen, ja machen?““

12.

„„Ei willst du werden ein Henkersweib,
oder willst du lassen dein jung stolzen Leib
ertrinken im Donauwasser, ja Wasser?““

13.

„‚Und eh ich will werden ein Henkersweib,
so will ich lassen mein jung stolzen Leib
ertrinken in Donauwasser, ja Wasser.‘“

14.

Es stund kaum an den dritten Tag,
dem Herzog kam eine traurige Klag:
Bernauerin ist ertrunken, ja ertrunken.

15.

„Auf, rufet mir alle Fischer daher,
sie sollen fischen bis ins rothe Meer,
daß sie mein feins Lieb suchen, ja suchen!“

16.

Es kommen gleich alle Fischer daher,
sie haben gefischt bis ins rothe Meer,
Bernauerin haben sie gefunden, ja gefunden.

17.

Sie legens dem Herzog wol auf die Schooß,
der Herzog viel tausend Thränen vergoß;
er thät gar herzlich weinen, ja weinen.

18.

„So rufet mir her fünftausend Mann,
einen neuen Krieg will ich nun fangen an
mit meinem Herrn Vater eben, ja eben.

19.

„Und wär mein Herr Vater mir nicht so lieb,
so ließ ich ihn aufhenken als wie einen Dieb;
wär aber mir ein große Schande, ja Schande.“

20.

Es stund kaum an den dritten Tag,
dem Herzog dem kam eine traurige Klag:
sein Herr Vater ist gestorben, ja gestorben. —

21.

„Die mir helfen mein Herrn Vater begrabn,
rothe Manteln müssen sie habn,
roth müssen sie sich tragen, ja tragen.“

22.

„Und die mir helfen mein feins Lieb begrabn,
schwarze Manteln müssen sie habn,
schwarz müssen sie sich tragen, ja tragen.“

23.

„So wollen wir stiften ein ewige Meß,
daß man der Bernauerin nicht vergeß,
man wolle für sie beten, ja beten.“

(Nach J. G. Büsching's „Wöchentlichen Nachrichten etc. B. 3. Breslau, 1817.“ S. 409. Aus mündlicher Ueberlieferung u. einem flieg. Bl. um 1710.)

5, 1. Entwegen, mhd. enwēc (aus en, ent und wēc, wēch. wēg), = hinweg, fort. entwegen lassen, aufgeben. — 17, 1. Auch in Schlesien sagt man die Schooß.

Quelle: Ludwig Erk: Deutscher Liederhort – Auswahl der vorzüglichern deutschen Volkslieder, Berlin 1856, Lied 3 (Seite 8)

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