Erste Melodie
Schweizerisch 1781.
 
Zweite Melodie
Schweizerisch 1812.
 
| 1.
  Es het e Buur es Töchterli, mit Name heißt es Babeli; es het zweu Züpfli gelb wie Gold, drum ist ihm au der Dursli hold.
 2.
  Der Dursli geit dem Ätti na: „O Ätti! wotsch mer ds Babeli la?“ – „‚O nei, o nei! o Dursli my, mys Babeli isch no viel zu chly!‘“
 3.
  „O Müeti, liebstes Müeti my! cha ds Babeli no nit ghüratht sy?“ – „„Wys Babeli isch no viel zu chlei, es schlaft dies Jahr no sauft allei.““
 4.
  Der Dursli lauft i vollem Zorn wol i die Stadt ga Solothurn;  er lauft die Gasse-n-yn und us, bis daß er chunnt vor ds Hauptmas Huus.
 5.
  „O Hauptma, lieber Hauptma my! bruchst du ke Chnecht i Flandre-n-y?“ – „‚O ja, o ja! o Dursli my! i dinge di i Flandre-n-y.‘“
 6.
  Der Hauptma zieht der Seckel us, er git dem Durs drei Thaler drus: „‚Nu sä, nu sä! o Dursli my! jitz bist du dinget i Flandre-n-y.‘“
 | 7.
  Der Dursli geit jitz wieder hei, hei zu sym liebe Babeli chlei: „O Ätti, o Müeti, o Babely my! jitz ha-n-i dinget i Flandre-n-y.“
 8.
  Das Babeli geit wol hingers Huus; es grynt ihm fast die Äugleni us. „‚Ach Dursli, lube Dursli my! so hest du dinget i Flandre-n-y?‘“
 9.
  „O Babeli, thue doch nit e so! i will ds Jahr wieder umhi cho u will bim Ätti frage-n-a, ob er mir ds Babeli deh well la?“
 10.
  „U cha-n-i deh nit selber cho, will dir es Briefli schrybe lo, darinne soll geschriebe stah: mys Babeli wott i nit verlah.“
 11.
  („U wenn der Himmel papyrige wär, und e jede Sterne-n-e Schryber wär, u jedere Schryber hätt sibe sibe Händ; st schriebe doch alli mir Liebi kes End!")
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Ursprünglich soll dieses Lied solothurnerisch sein, hat aber hier einige Wortformen der berner Mundart angenommen. (s. J. R. Wys, „Texte zu der Samml. von Schweizer-Kühreihen und Volksliedern. 4. Ausg.
Bern, 1826.“ S. 61.)
1. Dursli, klein Ursus. Bäbeli, Bärbchen. Buur, Bauer. e, es, ein. zweu, zwei.
Züpfli, Zöpflein, Haarflechten. au, auch. — 2. geit, geht. Ätti, auch wol Ätt, Väterchen. na,
nach. wotsch, willst. la, lassen. my, mein. chly, klein. — 3. Müeti, Mütterlein. cha, kann.
sy, sein. no, noch. sauft, wohl, leichtlich. — 4. ga, gehen; ost nur ein Flickwort. chunnt,
kommt. — 5. ke, kein. Chnecht, Knecht. — 6. der, den. git, giebt. sä (hoh sä, säs), ein Lockruf
für viele Thiere, wenn man ihnen etwas geben will. Auch gegen Menschen gebraucht für nimm. —
7. hei, heim. chlei, klein. — 8. hinger, hinter. grynt ihm, weint sich. Äugleni, Aeugelein.
lube, sanft, mild, lieb. — 9. umhi, umhin, hinum, wiederum. cho, kommen. bim, beim. deh,
dann. well, wolle. la, lassen. — 10. u, und. lo, lassen. sta, stehn. wott, will. — 11. papyrige, papieren. sibe, sieben. mir, meiner. kes, kein. — y gilt als langes i.
Quelle: Ludwig Erk: Deutscher Liederhort – Auswahl der vorzüglichern deutschen Volkslieder, Berlin 1856, Lied 5 (Seite 11f.)
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