1.
- Es reiten drei Reiter zu München hinaus,
- sie reiten wol vor der Bernaurin ihr Haus:
- „Bernauerin, bist du drinnen, ja drinnen?“
2.
- „Bist du darinnen, so tritt du heraus:
- der Herzog ist draußen vor ihrem Haus
- mit all seinem Hofgesinde, ja Gesinde.“
3.
- Sobald die Bernauerin die Stimme vernahm,
- ein schneeweißes Hemd zog sie gar bald an,
- wol vor den Herzog zu treten, ja treten.
4.
- Sobald die Bernauerin vors Thor naus kam,
- drei Herren gleich die Bernauerin vernahmn:
- „Bernauerin, was willst machen, ja machen?“
5.
- „Ei willst du lassen den Herzog entwegn,
- oder willst du lassen dein jung frisches Lebn
- ertrinken im Donauwasser, ja Wasser?“
6.
- „‚Und als ich will lassen mein Herzog entwegn,
- so will ich lassen mein jung frisches Lebn
- ertrinken im Donauwasser, ja Wasser.‘“
7.
- „‚Der Herzog ist mein, und ich bin sein,
- der Herzog ist mein, und ich bin sein:
- sind wir gar treu versprochen, ja versprochen.‘“ –
8.
- Bernauerin wol auf dem Wasser schwamm;
- Maria Mutter Gottes hat sie gerufet an,
- sollt ihr aus dieser Noth helfen, ja helfen!
9.
- „‚Hilf mir, Maria, aus dem Wasser heraus,
- mein Herzog läßt dir bauen ein neus Gotteshaus,
- von Marmelstein ein Altar, ja Altar!‘“
10.
- Sobald sie dieses hat gesprochen aus,
- Maria Mutter Gottes hat geholfen aus
- und von dem Tod sie errettet, ja errettet.
11.
- Sobald die Bernaurin auf die Brücken kam,
- ein Henkersknecht zur Bernaurin kam:
- „„Bernauerin, was willst machen, ja machen?““
12.
- „„Ei willst du werden ein Henkersweib,
- oder willst du lassen dein jung stolzen Leib
- ertrinken im Donauwasser, ja Wasser?““
|
13.
- „‚Und eh ich will werden ein Henkersweib,
- so will ich lassen mein jung stolzen Leib
- ertrinken in Donauwasser, ja Wasser.‘“
14.
- Es stund kaum an den dritten Tag,
- dem Herzog kam eine traurige Klag:
- Bernauerin ist ertrunken, ja ertrunken.
15.
- „Auf, rufet mir alle Fischer daher,
- sie sollen fischen bis ins rothe Meer,
- daß sie mein feins Lieb suchen, ja suchen!“
16.
- Es kommen gleich alle Fischer daher,
- sie haben gefischt bis ins rothe Meer,
- Bernauerin haben sie gefunden, ja gefunden.
17.
- Sie legens dem Herzog wol auf die Schooß,
- der Herzog viel tausend Thränen vergoß;
- er thät gar herzlich weinen, ja weinen.
18.
- „So rufet mir her fünftausend Mann,
- einen neuen Krieg will ich nun fangen an
- mit meinem Herrn Vater eben, ja eben.
19.
- „Und wär mein Herr Vater mir nicht so lieb,
- so ließ ich ihn aufhenken als wie einen Dieb;
- wär aber mir ein große Schande, ja Schande.“
20.
- Es stund kaum an den dritten Tag,
- dem Herzog dem kam eine traurige Klag:
- sein Herr Vater ist gestorben, ja gestorben. —
21.
- „Die mir helfen mein Herrn Vater begrabn,
- rothe Manteln müssen sie habn,
- roth müssen sie sich tragen, ja tragen.“
22.
- „Und die mir helfen mein feins Lieb begrabn,
- schwarze Manteln müssen sie habn,
- schwarz müssen sie sich tragen, ja tragen.“
23.
- „So wollen wir stiften ein ewige Meß,
- daß man der Bernauerin nicht vergeß,
- man wolle für sie beten, ja beten.“
|